Wer viel Geld für eine Totalsanierung oder einen Umbau der eigenen vier Wände in die Hand nimmt, darf sich über einen Entscheid des Bundesgerichts freuen. Die Abzugsmöglichkeiten haben sich stark verbessert.

Den meisten Immobilienbesitzern ist diese Grundregel geläufig: Sogenannt «werterhaltende» Unterhaltskosten darf man vom steuerbaren Einkommen abziehen, «wertvermehrende» jedoch nicht. Je nach Charakter der Arbeit kann sich für die Steuerabzüge ein Kostensplit ergeben. Zum Beispiel, wenn man die Küche komplett umbaut und dabei hochwertigere Materialien als vorher verwendet, oder wenn man zusätzliche und exklusive Geräte einbaut. Diese Logik ist nachvollziehbar. Das Problem: Bei einer Totalsanierung oder weitreichenden Umbauten galt diese Logik seit einiger Zeit nicht mehr. Weil die Kosten dafür naturgemäss hoch sind, lautete das Argument, es handle sich bei solchen Eingriffen «wirtschaftlich» gesehen schnell automatisch um einen Neubau. Mit dieser Praxishandhabung wurde auch die steuerliche Abzugsfähigkeit pauschal vom Tisch gewischt.

Jetzt wird differenziert hingeschaut

Diese bisherige Praxis wird mit einem wichtigen Leiturteil des Bundesgerichts vom 23. Februar 2023 gekippt.
Zu beurteilen war ein Herbst, in dem ein Ehepaar ein stark renovierungsbedürftiges Bauernhaus im Kanton Jura erworben hatte, das es einer umfassenden Sanierung unterzog. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die relativ undifferenzierte rein «wirtschaftliche» Betrachtungsweise nicht mehr haltbar ist. Dabei spielte auch hinein, dass sich in den letzten
Jahren die Steuergesetzgebung im Zusammenhang mit Ersatzneubauten (Abbruch und Neubau einer Liegenschaft) weiterentwickelt hat.

„Bauliche Massnahmen werden neu einer Einzelbetrachtung zusammengestellt.“

Kurzum, auch Totalsanierungen und Umbauten müssen neu nach den verschiedenen Kategorien von Aufwendungen (werterhaltend, wertvermehrend) differenziert werden. Das bedeutet konkret, dass die verschiedenen baulichen Massnahmen nach objektiv-technischen Kriterien einer Einzelbetrachtung zusammengestellt werden. Ein etwas plakatives Beispiel zur Veranschaulichung: Ein Dach hatte die Liegenschaft schon vorher; wenn diese nun totalsaniert wird, ist das weitgehend eine werterhaltende Massnahme, die steuerlich abzugsberechtigt ist. Wenn die Grundmauern verschoben werden, um die Wohnfläche zu vergrössern, und gleichzeitig auch noch ein Aufzug und zwei zusätzliche Badezimmer eingebaut werden, dann dürften dies weitgehend wertvermehrende Liegenschaftskosten sein. Der genaue Split ergibt sich, wie bereits erwähnt,

Folgen für die Grundstückgewinnsteuer

Was bei Liegenschaftskosten ganz allgemein gilt, ist auch nach der skizzierten Praxisänderung gültig.
So sind werterhaltende Ausgaben vom steuerbaren Einkommen abzugsberechtigt, wertvermehrende Investitionen werden jedoch später bei der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer berücksichtigt. Immobilienbesitzer, denen nach der bisher geltenden Praxis des «wirtschaftlichen» Neubaus die Steuerabzüge verweigert wurden, sollten die damit verbundenen Dokumente und Belege aufbewahren, um spätere Probleme im Zusammenhang mit der Grundstückgewinnsteuer zu vermeiden.